17.10.05 << Übersicht
 
Vashti Bunyan
"Lookaftering"
FatCat
Die Geschichte von Vashti Bunyan könnte auch als Filmscript dienen, so unglaublich klingt sie: Mitte der 60er Jahre schrieben ihr die Stones-Boys Jagger und Richards eine Single, Bunyan wurde daraufhin als die neue Marianne Faithful gefeiert. Warum ihre Plattenfirma Drekka nicht weitere Platten veröffentlichte, ist leider nicht überliefert. Enttäuscht vom Musikgeschäft zog sie mit Freund und Pferdekutsche in eine Künstlerkolonie, die von Donavan auf der Isle of Skye ins Leben gerufen worden war. Zwei Jahre später kam Bunyan wieder nach London, um ihre Erlebnisse auf dem Album „Just Another Diamond Day“ musikalisch zu verarbeiten. Mitglieder der Incredible String Band und Fairport Convention halfen bei den Aufnahmen. Statt jedoch das Album zu promoten, zog sie mit ihrer Kutsche weiter und geriet, mitsamt ihrer Musik, in Vergessenheit. Hier könnte die Geschichte eigentlich zu Ende sein, doch die Fortsetzung findet gut 30 Jahre später statt: Immer mehr Musikbesessene entdecken um die Jahrtausendwende das Album von Vashti Bunyan. Kieran Hebden (alias Four Tet) und Devendra Banhart gehören dazu, wodurch die Popularität von Bunyan sprunghaft zunimmt. Durch das Internet bekommt sie in irgendeinem kleinen irischen Dorf Wind davon, kauft die Rechte für das Master ihres Debuts zurück und wiederveröffentlicht das Album, diesmal mit der entsprechenden kritischen Wertschätzung in der Öffentlichkeit. Mit den New Yorker Weirdo-Folk-Terroristen vom Animal Collective nimmt sie 2003 zwei Songs auf, die auf dem Label Fat Cat als Single veröffentlicht werden. Dass ihr neues Album nun ebenfalls bei Fat Cat erscheint, mag Kenner dieses maximal eklektizistischen Labels nicht verwundern. „Lookaftering“ klingt, als ob auch die aktuellen Songs vor 30 Jahren aufgenommen worden seien. Vashti Bunyans zarte Stimme wird mal von einer gezupften Gitarre, mal von einem Klavier begleitet. Hinzu kommen ein wenig Harfe (eingespielt von Joanna Newsom) und Streicher. Das lässt die Musik sehr organisch und nie überladen klingen. Das Album erinnert in atmosphärischer Hinsicht stark an Nick Drake – und wer weiß, ob sich die beiden nicht auch mal über den Weg gelaufen sind, damals in den Sechzigern, auf der rastlosen Suche nach dem Seelenheil.

pat