Auf Berliner Flohmärkten erzielen Billig-Keyboards aus den 80ern noch immer Höchstpreise. Schuld daran sind die zahlreichen Electro-Clash-Bands: Glitzernde Oberflächen und Trash scheinen nach wie vor en vogue, und wer die Meute nicht auf Anhieb nicht zum Tanzen bringt, hat es in der Hauptstadt schwer. Erfreulichweise gibt es aber auch ganz anders tickende Köpfe im Berliner Szenegetümmel, wie Taunus etwa, die mit ihren akustischen, meist instrumentalen Stücken zur Besonnenheit aufrufen. Das 2001 von Jan Thoben (Gaston) und Jochen Briesen (Gaston, Semuin) gegründete Projekt setzt auf klangmalerische Ruhepunkte, an denen sich polyphone Banjo- und Gitarren-Melodien verbinden. Manchmal rückt ein Harmonium aus dem Hintergrund an, dann mischen sich Schlagzeug und Field-Recordings ins Geschehen. Die folkigeren Vertreter der „Chicagoer Schule“, wie Pullman und Town & Country, könnten einem dazu einfallen. Im Vergleich zur Stammband Gaston kommt die Musik von Taunus weniger aus dem Kopf - was nicht heißen soll, dass sie weniger durchdacht wäre. Taunus’ Arrangements klingen irgendwie ätherisch, formulieren ein Gefühl von Zuversicht und Gelassenheit. Musikhören wird hier zu einem angenehm-sinnlichen Erlebnis, das wir in Zeiten des steten Vergnügungswahnsinns nur allzu gut gebrauchen können.
SZ
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