Weit über ein Jahr hat sich die Hamburger Band Kante mit Tobias Levin in das Electric Avenue-Studio zurückgezogen, um einen angemessenen Nachfolger für ihre vielbeachtete Platte „Zweilicht“ (2001) zu produzieren. Das Ergebnis trägt den Titel „Zombi“ und ist ein abendfüllender Koloss mit funkelnder Oberfläche und einem dunkel glühenden Kern, ein Parallelkosmos mit scheinbar eigenen Gesetzen, und – wir wagen es zu sagen – ein Meilenstein, der eine ganze Zeit braucht, um sich im Kopf des Hörers zu voller Größe zu entfalten.
Dabei klingt die Platte eigentlich rund und schön, doch wer geneigt ist, eine Weile unter dem Kopfhörer zu bleiben, wird die permanent anwesende Kehrseite bemerken, mit einem dicht geknüpften Perkussionsteppich, unaufhörlich vor sich hin dampfenden Synthies und Referenzen an freiere Jazz-Platten. Nun sind Kante keine Jazz-Band im eigentlichen Sinne, allein schon weil es auf „Zombi“ auch kristallklaren Songwriter-Pop gibt. Doch die langen Instrumentalstücke „Baron Samedi“ und „New Babylon“ liefern einen Jazzentwurf, der den Geist der 60er Jahre auf eine Weise atmet, die ihnen ganz allein gehört.
Das überbordende, instrumentale Maximalprogramm nimmt sich auf der zweiten Hälfte der Platte zugunsten von Peter Thiessens ausdrucksstarkem Gesang ein wenig zurück: „Wo die Flüsse singen“ und „Warmer Abend“ sind Liebeslieder. Musikalisch an neuere Blumfeld erinnernd, schält sich hier scheinbar etwas Utopisches aus den Texten. Beim genaueren Hinhören aber wird klar, dass hier gar nichts klar ist, denn „Zombi“ handelt auch in privatesten Momenten von fallenden Grenzen und dem Verschwinden klarer Unterscheidungen. Wie gesagt: Diese Platte braucht Zeit, denn ihre Stärke besteht in ihrer Uneindeutigkeit.
AS
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