Wenn Avantgardisten in die Jahre kommen, bleiben ihnen genau zwei Möglichkeiten, na sagen wir drei: Entweder sie verbeißen sich immer tiefer in ihre alten Konzepte, zunehmend verbittert über das Missverständnis ihrer Umwelt, oder – ganz ähnlich – sie hängen die Karriere an den Nagel und ziehen in eine Landkommune. David Grubbs hat sich mit seiner neuen Platte vorerst für die dritte Variante entschieden: Den Kunstanspruch einen Gang zurückschrauben und die Dinge ganz entspannt fließen lassen. Grubbs gehört damit zu den beneidenswerten Menschen, die es der Welt schon genug bewiesen haben: ihr Wissen, ihr Können, ihre Cleverness, im vorliegenden Fall mit Projekten wie Bastro, The Red Krayola, Gastr del Sol, Kollaborationen mit der halben Kunstwelt und einer handvoll anspruchsvoller Soloplatten. „A Guess At The Riddle“ ist mit all seinen unbeschwerten Popsongs kein Zeugnis des Abbaus eines Herren mittleren Alters, sondern beschreibt den Moment einer zufriedenen Entspannung. Das heißt nicht, dass der Wahl-Brooklyner uns nicht in wenigen Monaten wieder mit halbstündigen Einton-Stücken auf die Pelle rücken könnte. Dafür spricht allein schon, dass sich verschiedene Berufs-Frickler an dieser Aufnahme beteiligten, unter ihnen das Elektronik-Duo Matmos, Mice Parades Adam Pierce und Thomas Belhom. Gerade gegen Ende darf es auch durchaus mal fiepsen und rauschen. Nehmen wir „A Guess At The Riddle“ also nicht als entgültige Versöhnung, sondern als formvollendete Platte eines endlichen Sommervergnügens. Liebeliebeliebelei, morgen ist sie vielleicht vorbei!
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