03.05.04 << Übersicht
 
Lady & Bird
"s/t"
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Staubpartikelchen zu beobachten, die im Gegenlicht der Sonne durch den Raum schweben, ist keine besonders bedeutungsschwere Tätigkeit - dafür ist sie ungemein beruhigend. In solchen Augenblicken sind nicht nur die kleinen Teilchen, sondern auch wir selbst ein wenig losgelöst von allem anderen. Eine ähnliche Wirkung auf die Wahrnehmung verspricht auch das Hören von Lady & Bird, einer Girl/Boy-Kollaboration, die zunächst wie eine Hi-Fi-Version des Berliner Duos Komëit klingt. Je tiefer man jedoch in dieses Album eindringt, desto deutlicher wird, dass Lady (die französische Songwriterin Keren Ann) und ihr isländischer Partner Bird (Bardi Johannsson von der Gruppe Bang Gang) eine feinsinnige Hörspiel-Fährte spannen: Die kindlich gehaltenen Figuren Lady & Bird sprechen sich gegenseitig Mut zu, und verzweifeln doch während „La Ballade Of Lady & Bird“ in Dialogform an der fehlenden Aufmerksamkeit ihrer Umgebung. Daneben gibt es noch den Erzähler Sheppard, der durch seine elektronisch verzerrte Stimme einen geisterhaften Charakter darstellt. Wir haben es also mit einem Konzeptalbum zu tun, in dem jedoch nicht alle Songs Teil des rahmenden Märchens sind; zwischendrin erfahren altbekannte Stücke wie „Stephanie Says“ (Velvet Underground) und „Suicide Is Painless“ (M*A*S*H*-Titelsong von Altman/Mendell) eine angemessen zurückhaltende Neuvertonung. Auch wenn klare musikalische Bezüge zu den 60er und 70er Jahren auszumachen sind, zeichnet sich diese Platte durch zwei markante Merkmale aus: zum einen die spielerische Produktion, in der elektronische Elemente ebenso zum Einsatz kommen wie anorganisch klingende Tonwerkzeuge aus dem Kinderzimmer (Glockenspiel, Melodica). Ebenso auffällig, künstlich und zugleich kunstvoll kommen die Stimmen zum Einsatz: In jedem Song klingen sie anders, werden mal durch Filter und Effektgeräte gejagt oder in Schichten übereinander gelegt und zu sphärischen Flächen verwoben – fast wie kleine Staubteilchen im Sonnenlicht, die doch nur scheinbar schwerelos im Raum schweben, weil ein feiner Luftzug ihnen unbemerkt Auftrieb gibt.

SZ