29.09.03 << Übersicht
 
Centro-matic
"Love You Just The Same"
Munich Records
An einem stillen Nachmittag in Denton/Texas, wo so unbarmherzig die Sonne vom Himmel brennt, dass man befürchtet, im nächsten Augenblick zu Staub zu zerfallen, finde ich Zuflucht in einer unauffälligen Trinkstube. Während ich hoffe, mit einem kühlen Bier das dumpfe Pochen in meinem Kopf vertreiben zu können, läuft in der Bar eine mir irgendwie vertraute Musik. „Nobody told us that the bastards were here“ singt eine inbrünstige Stimme, unterstützt von fuzzy Gitarren, Bass, einem rollenden D-Zug-Schlagzeug und einigen, in sich nicht ganz stimmigen Klavierakkorden. Das könnte der ältere Cousin von Josh Rouse sein, der in den frühen Neunzigern mit den Indierockern aus Chapel Hill abhing und nun deren ästhetische Mittel angemessen verfeinert. „Oh nein“, klärt mich der bärtige Barkeeper im breitesten Südstaatenakzent auf. „Das ist das neue Album von Centro-Matic. Die sind hier aus der Stadt und haben schon sieben Platten aufgenommen. Ist wirklich eine verdammt gute Band.“ Erstaunlich wie viel interessante Musik derzeit aus Texas kommt. Aber diesen Gesang, dieses kratzig-heisere Timbre habe ich definitiv schon mal gehört. „Will Johnson, vielleicht kennst du ihn als Solo-Künstler, oder von seiner Band South San Gabriel. Man erzählt sich, er habe schon über 200 Songs auf 13 Alben veröffentlicht. Sieht fast so aus, als sei der Typ eine verdammte Songmaschine! Dabei ist er ständig auf Tour - keine Ahnung, wie er das macht ...“. Der Barkeeper zuckt mit den Schultern und hält beim Gläserpolieren kurz inne, um der Musik zu lauschen. Uns fällt auf, dass manche Übergänge zwischen den Songs annähernd fließend verlaufen. In den ruhigeren Momenten setzen auch mal akustische Gitarren, Violine und Vibraphon ein. „Eigentlich müsste das überall im Radio laufen. Aber einige Leute können mit den Texten von Will nichts anfangen, sagen, die seien zu surrealistisch. Außerdem sind die Aufnahmen nicht glattpoliert.“ Das wäre ja auch uninteressant, entgegne ich dem Bärtigen. Das Bier ist inzwischen abgestanden, der Kopfschmerz immer noch da, aber mit den aufmunternden Melodien von Centro-Matic lässt es sich ganz gut aushalten.