:SPEX
Ein Blasebalg gewordener Groove bedeckt die sanftmütig Dösenden mit einem Hauch von vorgezogenem Knospenschimmer. Maulwürfe, vielleicht die liebenswertesten Wühltiere aller Zeiten, begrüßen den Morgentau als einen treuen Freund und verzehren sich voller Ruhe nach einem weiteren Tag im ewigen Kreis der kreisenden Interaktionsgeflechte – und das Kritikergesetz, doch bitte niemals bildhaft von saftigen Grünanlagen und dergleichen zu fabulieren, wird schneller gebrochen, als Zyniker ihren Missmut über das hohe Maß an Geplänkel bekunden können, mit dem der Mann, den sie Pulka nannten, das Gehör seiner Kind gebliebenen Zielgruppe umgarnen möchte.
Leicht fiele es nun, der Platte aus jeder ihrer Stärken einen Strick zu drehen, denn oft bleibt das Gefühl, dass da noch etwas ausgelassen wurde, was »Da« zu wahrhaft sorgloser Brillanz hätte verhelfen können. Nicht jede Lücke lässt sich schließlich mit Nennung einschlägiger Minimalisten auf der Einflussliste erklären, entschuldigen – was auch immer. Manches Stück beweist allerdings, dass Pulka, wenn er will, dennoch aus dem Vollen schöpfen kann. Dann greift sich in attraktiver Schräglage glaubhafte Wehmut das Mikrofon und gibt denen, die ein Herz haben, ein kleines Wetterleuchten mit auf den Weg. Passt in jede Hosentasche.
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:DE-BUG
Dass sich in der Elektronika irgendwann so ein Niedlichkeitsfimmel entwickelt hat, ist ja grundsätzlich nichts Verwerfliches. Vielleicht legt uns wohlbehüteten Westeuropäern das Schlafzimmer als Studio auch fast schon nahe, die heimelige Atmosphäre, die einen beim Produzieren umgibt, direkt in die Tracks umzuwandeln. Oft sind die Platten dieses Genres ja dann auch mit genügend Brüchen und kleinen Abgründen gespickt, dass einem das Infantile in den Tracks verständlicher und zugänglicher wird. Wenn diese Brüche aber fehlen, dann wird es schwierig. Auf Pulkas “Da“ rattern die Beats etwas zu eindeutig in Richtung knuddeliges, unaufgeräumtes Kinderzimmerinventar und die Melodien klingen so unschuldig, dass man sich fragt, wie lange da jemand schon nicht mehr vor die Tür gegangen ist. In der Verweigerung, die in dieser Position steckt, ist Pulka schon sehr konsequent, aber manchmal wünscht man sich einfach die Tracks hätten mehr Raum, würden etwas weniger vor sich hin plinkern, ließen sich mit der Entwicklung der Melodien mehr Zeit und zu viel Niedlichkeit wird den Hauch von Ignoranz einfach nicht los. Die Hard Fans der Musik von Mum und Co werden an dieser Musik aber auf jeden Fall ihren Spaß haben.
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Carsten Klook :taz Hamburg
"Samische Schlitten"
Unangestrengte Instrumental-Miniaturen, die beiläufig Geschichten verweben: "Pulka"-Debut in der Astra-Stube
Pulka: So nennen die Samen ihre Transportschlitten, mit denen sie durch die verschneiten Regionen Lapplands gleiten. Zudem dienen diese Vehikel als Kinderwagen. Frank Szardenings, der sich mit seinem jüngst gegründeten Ein-Mann-Bandprojekt in Berlin den Namen Pulka gab, hat jetzt ein Debütalbum mit beschaulichen Elektronik-Sounds produziert, die dem Verspielten einen bewegten Untergrund, sprich Rhythmus, geben.
Elf Instrumental-Miniaturen sind es geworden, die mal dichter, mal offener im Tempo des unangestrengten Herzens zwischen 60 und 80 beats per minute daherkommen. Das Zusammenspiel von Samples, Holzbläsern, Saiteninstrumenten, Rhythmusmaschine und echtem Schlagzeug ist arrangiert zu kleinen Geschichten, wie sie mitunter auch ein Windspiel zu erzählen weiß. Beiläufigkeit und Unprätentiösität sind Pulkas Domänen. Unangestrengt werden Elemente bewegt, die sich zu einem reißenden Strom entwickeln.
Die Motive besitzen dabei unterschiedliche Sogwirkungen. Einige ziehen mächtig (wie in den Songs "imp" und "Neue Hose"), andere rühren sich kaum vom Fleck und klimpern ein wenig. Wimpern, Augenlider, Hosenbeine und magnetisierte Metallteilchen richten sich da aus und verbinden sich zu einer feinen Mechanik. Es geht um Harmonie.
Anleihen für sein vielgestaltiges Freestyle-Konzept hat Szardenings sowohl bei Steve Reich als auch bei Tortoise gemacht. Und letztlich ist es ist eine kleine verträumte Welt, in der Pulka seine Kreise zieht, die aber nicht großflächig wabernd daherkommen, sondern meist straff durchkomponiert sind. Mit dem Faktor Zeit wird bei Pulka also sehr kontrolliert umgegangen.
Das Konzert in der Astra-Stube ist die Releaseparty dieses schönen und reifen Albums namens da, das eine große Hörerschaft verdient."
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Jens Wollweber :tonspion
Pulka heißen die Schlitten in Lappland. Pulka ist auch der Name eines Ein-Mann-Projekts aus Berlin, das sich nicht nur für Freunde von elektronischer Musik lohnt, sondern auch für Eltern eine Alternative zu Rudolf Zuckowskis Wahnsinn wäre.
Dabei ist die Musik des Berliners Frank Szardenings nicht als kindisch zu bezeichnen. Der Vergleich rührt eher von den vielen locker herumzwirbelnden Melodien und anderlei tanzenden Sounds. Alles instrumental, mit Gitarre und Holzbläsern zusätzlich. Manchmal klingt dieser Freestyle nach einer langjährig erfahrenen Jazzband, die gut aufeinander eingestimmt ist und weiß, wie melancholische und kindliche Kopfkinos entstehen. Erst zweitrangig fällt schließlich auf, dass es sich jedoch um elektronische Musik handelt. Szardenings bastelt genauso gern Clicks-and-Cuts-Arrangements wie live eingespielte Drums. So erhält diese Zwischenwelt aus elektronischer und analoger Musik eine eigene Dynamik, zu der getanzt oder diskutiert werden darf. Disharmonien werden selten ausgereizt, Harmonien verlieren kaum von ihrer Magie. Pulka ist schlicht und schön, orange und blau, zeitlos und modern. Das Hamburger Label Sunday Service bleibt also nach Finn. und Jullander auf einem spannenden Kurs.
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Alexander Diehl, :Szene Hamburg, Januar 2005
Ein paar Jahre ist es her, da richtete auch in Hamburg der eine oder andere Schallplattenhändler ein neues Fach namens "Indietronics" ein. Hineingestellt wurden die Tonträger all jener vormaligen Indierocker, die auf die wundersame Welt des Elektronischen gestoßen (worden) waren und statt ihr Heil in dort bewährten Formen zu suchen, Ambitioniert-Neues anstellten: Tortoise etwa oder auch The Notwist. Diese Big Player bekamen bald ihre eigenen Fächer, und dorthinein nahmen sie ihre zunehmend unübersichtlich sich verästelnden Umfelder aus Freundes- und Bekanntenkreis, Proberaum-Untermietern und ex-Roadies mit.
Über die Vorgeschichte von Frank Szardenings alias Pulka ist wenig bekannt. Selbst eine namhafte Internet-Suchmaschine fördert kaum mehr zu Tage, als dass Szardenings’ Umzug nach Berlin Ende des Jahres 2003 der ansonsten im Dunkeln liegenden Bandgeschichte von "Emma Parker" ein Ende setzte. Mit den erwähnten, früh unter "Indietronics" einsortierten teilt Pulka indes den offenherzigen Umgang mit allerlei Instrumenten und Techniken wie auch die entspannte Respektlosigkeit gegenüber Unterscheidungen zwischen "Song" und "Track".
Ohne die mit auf dem Weg bekommenen Einblicke in die Gepflogenheiten der lappländischen Samen – die ihre Transportschlitten "Pulka" nennen – überbeanspruchen zu wollen: Die Musik auf Pulkas Debütalbum ist klar und strahlend wie jene Wintertage, die in unseren Breiten viel zu selten sind. Gleißend daliegende Klangflächen werden von einer verhallten Gitarre durchzogen, ein Schlagzeugrhythmus verliert sich zwischen dahin getupften Klavier- und Bläserakkorden oder Schwärmen kleiner digitaler Klangereignisse. Bildschön ist das, und gerne stimmen wir der Behauptung der Herausgeber zu, "dass diese Musik nicht nur Freunden von Steve Reich und Mark Hollis, sondern auch Personen unter sechs Jahren" gefallen dürfte.
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