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Live Rezensionen:
:Pop Frontal
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Jens Wollweber, :tonspion.de, September 2003

Finn erobert bald die Welt. Das haben bereits nicht wenige Hörer seines Debütalbums „Expose Yourself ...“ behauptet. Selbst das Label Sunday Service (von den Machern der Hamburger Radiosendung) spricht von einem Intro und neun Welthits.
Aber es kann nicht die Welt sein, die uns tagtäglich umgibt. Denn wahrscheinlich würde Finn an der Hektik zerbrechen und seine milde Melancholie könnte zur Depression ausarten. Vielmehr erobert er demnächst vielleicht die kleinen Welten jener Menschen, die sich still durch das Leben mogeln, weder glücklich noch unglücklich sind und sich freuen, wenn die Abendsonne noch einmal durch ihr Dachfenster hineinlugt. Finn spielt unter der Lo-Fi-Kuscheldecke mit akustischer Gitarre und singt dabei leise vor sich hin. Doch nur bei Singer/Songwriter Romantik bleibt es nicht. Finn schafft den Zug zum großen elegischen Popsong, inklusive Synthiestreichern, wie sie bei manch anderem peinlich wären. Bei Finn bleibt es authentisch und sympathisch. Von Heldenkrönung sehen wir zwar noch ab, aber unsere Herzen hat er bereits. |oben|


Wiebke Anabess Kuhn, :Spex, September 2003

Angst. Gleich viermal hat sich dieses Wort in Jan Niklas Jansens letztmonatige Rezension zu »Expose Yourself To Lower Education« geschlichen. Kein Zufall? Angst - das war die Hand, die sich jedesmal um meinen Hals legte, wenn ich finn. live gesehen habe. Die versuchte, das Gefühl, das mein Herz zu meinem Verstand schicken wollte, zurückzuhalten. Den Glauben nämlich, dass das, was wir hörten, raus musste aus dem kleinen, stickigen Raum. Raus zu den Menschen. Zu allen. Aber die Angst... dass nicht nur diese wertvollen Stücke da draußenzerbrechen würden, sondern dieser junge Mann gleich mit. Erst recht.

In den Pausen sprach er kein Wort. Hinter seinen permanent geschlossenen Augen verbarg sie sich nämlich auch, bestimmt. Und wir versuchten, die Luft anzuhalten, um ihn nicht zu erschrecken. So dass er sie nicht zu sehr zu spüren bekam. Sie vergessen konnte für eine kurze Weile.

Angst dann wieder. Als ich mich mit finn. zum Interview in seiner Hamburger Wohnung treffe. Wie über ein Album sprechen, das lieber gefühlt statt zerredet werden will? Mit jemandem, der so wortkarg und zurückhaltend scheint? Anfängerfehler. Mich erwartet ein nicht nur sehr selbstsicherer, sondern auch nach zwei Stunden noch redseliger finn. aka Patrick Zimmer. Nach der 12. Klasse hat er die Schule abgebrochen, zum Musikmachen braucht man kein Abitur: »So, wie sich jetzt alles anbahnt, fühle ich mich bestätigt in meiner Entscheidung. Wenn ich in fünf Jahren feststelle, dass mir das nicht mehr gefällt, dann mache ich eben etwas anderes. Diese Flexibilität ist das, was mir Kraft gibt. Vor was soll ich denn Angst haben?« Da ist es wieder, das Wort. Aber hier ist es fehl am Platz. »Als ich von Offenburg nach Hamburg gezogen bin, habe ich mich nicht mehr so klein gefühlt. Weil ich hier von Anfang an ernst genommen wurde. Das hat für mich die Grenzen gesprengt. Seit ich hier bin, stelle ich mich unter niemanden mehr. Das kriegt man in der Provinz einfach nicht hin.« Das rasch entstandene Netzwerk wuppte den Rest - die im Wohnzimmer aufgenommenen Stücke fanden ihren Weg ins Soundgarden Studio zu Peta Devlin und Chris von Rautenkranz, »die haben noch mal ganz viel gerettet«. Die durchweg positive Resonanz auf sein Album lässt finn. keine Zeit, die Füße hochzulegen: »In letzter Zeit musste ich mir oft anhören: >Schraub deine Erwartungen runter<. Aber wenn ich immer auf andere Leute gehört hätte, wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin. Wenn ich eine Sache erreicht habe, dann fange ich mit der nächsten an. Alles andere wäre auch langweilig.«

Angst brauchen wir nun wirklich nicht mehr zu haben. Nicht um finn. Der Unsicherheit auf der Bühne steht dem bekennenden Ansagen-Hasser in Zukunft eine Loopstation zur Seite, die die Pausen überbrückt. Sein »ziemlich starker Ausdrucksbedarf« wird uns nicht nur einen finn.-Comic bescheren, sondern bei einem Output von etwa vier neuen Songs pro Woche mit Sicherheit noch weitere rührende Alben wie »Expose Yourself To Lower Education«. Das allerdings kann einem schon wieder ... nein, ich sag's jetzt nicht. Aber wohin dann mit der eigenen Ergriffenheit? |oben|


Thaddi, :de:bug online

Da lebt jemand im Hamburg, der hat strubbelige Haare, ein paar Keyboards, eine Gitarre, eine Stimme und ein Mikrofon. So stelle ich mir das vor und das reicht mir völlig, denn: Finn beeindruckt auf seinem ersten Album mit einer Einfachheit und Direktheit, die einen an allem zweifeln lässt, was man bisher über Musik zu wissen glaubte. Mit einer Zerbrechlichkeit, die Bands wie Komeit an ihrer Zukunft zweifeln lassen sollte, erobert er alle Herzen, die bereit sind, sich noch tiefer fallen zu lassen. Finn kann das. Und Stücke wie "Like A Radio Antenna" beweisen dies eindrucksvoll. Hier erobert jemand heimlich, still und leise die Welt. Unbedingt checken und verlieben. |oben|


:KulturnewsAugust 2003

Irgendwo in Hamburg sitzt ein Mittzwanziger in seinem Wohnzimmer und macht Musik. Zu Akustikgitarre, Synthiestreichern und dezent pluckernden Beats singt er mit fragiler Kopfstimme wunderschöne Lieder mit merkwürdigen Titeln ("The Future of American Education", "A Hotel, for example"). Der Mann heißt Finn., und dank dem kleinen Hamburger Label Sunday Service schleicht sich sein Debüt jetzt vom Wohnzimmer in die CD-Regale - und es beweist, dass eigenständige Verträumtheiten nicht nur auf Island und am anderen Ende der Welt entstehen. Selbst wenn seine Musik klingt, als sei sie selbst kaum lebensfähig, so sind es gerade die zerbrechlichen Melodien, die einen auch in dunkelsten Stunden mit einer Volldosis Liebe, Wärme und Intimität versorgen können. |oben|


Matthias Seeberg, :taz Hamburg, 07.08.2003

Melodien, wie sie Proust gefielen
Die ungewöhnlich hohen Temperaturen der vergangenen Wochen laden neben täglichen Ausflügen an erfrischend kühle Gewässer auch zum Nachdenken ein - über Fragen, die sich nur in schlaflosen Sommernächten stellen. Eine Frage etwa, die sich so mancher Verehrer der literarischen Moderne sicher schon gestellt hat, ist, welche Musik wohl Marcel Proust hören würde, könnte er an unserer Gegenwart über den Strom der Zeit hinweg weiterhin teilnehmen?
Das in den nächsten Tagen erscheinende Album Expose Yourself To Lower Education des in Hamburg lebenden Finn gefiele dem Großmeister uferloser Syntax mit Sicherheit. Die dort versammelten Melodien erinnern in ihrer sanften Zurückgenommenheit geradezu unwillkürlich an den im Schatten junger Mädchenblüte über Weißdornbüsche und Vergänglichkeit meditierenden Erzähler der Proust'schen Recherche.
Eine zerbrechlich entrückte Kopfstimme, die von elektronischen Streichersounds, vorsichtig tastenden Beats und den leise gedämpften Klängen einer akustischen Gitarre untermalt wird, geleitet den Hörer durch zart hingehauchte Songs, die ihn in eine Situation versetzen, wie sie Prousts Erzähler beschreibt, als er sich durch die gleichzeitige Wahrnehmung künstlicher und natürlicher Geräusche außerhalb der Zeit zu befinden scheint. Finn unternimmt in seinen ständig vom Zerfall bedrohten Stücken einen Spaziergang durch die Gefilde einer in ihren Gefühlen ertrinkenden Seele - ohne auch nur eine Sekunde in die Nähe aufgesetzter Sentimentalität zu geraten. An den basso continuo in Prousts epischer Kontemplation anknüpfend, geht es ihm vielmehr um die Schilderung einer in Schlaflosigkeit mündender Melancholie, deren Ursache in einer uns allen vertrauten Weltmüdigkeit besteht. "Everybody look so tired again" heißt es ganz treffend in dem Song "Like A Radio Antenna", in dem der Blick auf die anderen letztlich kaum anderes als eine Metapher für die eigene Verlorenheit darstellt.
Patrick Zimmer, dem jungen Mann hinter Finn und ehemaligem Gitarristen bei Kyoto, ist es gelungen, dieser besonderen Form der Melancholie gerade durch die zurückhaltende Atmosphäre seiner Stücke eine Intensität zu verleihen, die einen oft vernachlässigten Grundsatz bestätigt: dass nämlich wirklicher Kunst neben der Schönheit auch ein gewisser Akzent der Fremdartigkeit eigen sein sollte. Letzterer weckt beim Hören von Expose Yourself To Lower Education durch die verwendeten Harmonien und die mitunter unerwartet abbrechenden Klangskulpturen Assoziationen etwa zu OK Computer von Radiohead oder Jim O'Rourkes Halfway To A Threeway.
Das Erscheinen des Albums von Finn, das nach Künnecke & Smukals selbst betiteltem Debüt (und vor dem anstehenden nächsten Jullander-Album) die zweite Veröffentlichung des Hamburger Labels Sunday Service ist, wird am Sonnabend in der Astra-Stube mit einer Release-Party gefeiert. Ob Finns Art modernen Songwritings auch für einen Live-Auftritt - vor allzu mitteilungsfreudigen Publikum - geeignet ist, wird sich zeigen, aber das Mitnehmen eines Päckchens Madelaine-Gebäck sollte jedem Besucher den Genuss an der Veranstaltung erleichtern. |oben|


Gregor Kessler, :Szene Hamburg, August 2003

Intensiver hören
Verwoben, melodiös, experimentierfreudig, zauberhaft und verzückend schön ist das Debut des Hamburger Projekts finn. Der Weg dorthin klingt allerdings wie der Stoff zu einem dieser neuen deutschen Filme über das Erwachsenwerden.
Drei Freunde aus einer süddeutschen Mittelstadt, nennen wir sie Offenbach, finden, dass etwas passieren muss, in ihrem Leben, in ihrer Band. Sie räumen den Proberaum und den Kleiderschrank leer und ziehen gemeinsam nach Hamburg. Nicht, um hier Teil einer Jugendbewegung zu werden. Einfach weil ihnen Hamburg besser gefällt als Berlin und es nach den Beatles ja auch noch ein paar andere hier geschafft haben. Doch so recht mag die Rockstar-Karriere der Band, nennen wir sie Kyoto, nicht in Gang kommen. Und dann holt die ZVS den Schlagzeuger zurück in den Süden zum Medizinstudium und die beiden anderen bleiben und es entwickelt sich etwas ganz anderes: finn.
Während Kyoto sich eher dem flächigen Sound, dem sphärischen Klang verschrieben haben, wollte deren 26-jähriger Gitarrist Patrick Zimmer mit seinem Soloprojekt finn "lieber wieder Songs schreiben". Dass er diese Absicht nur zur Hälfte umsetzt, macht gerade den Reiz des ersten finn-Albums aus. Denn dort finden sich zwar Lieder, doch die scheue Akustikgitarre, süßliche Mellotron-Streicher, die sanft pulsierenden Beats und vor allem die surreale Kopfstimme konzentrieren sich lieber auf Atmosphäre als auf saubere Hooklines. Der klar erkennbare Refrain zählt hier wenig, das klangliche Gesamtbild viel.
Vier Wochen nahmen sich Patrick und sein Kyoto-Kollege Sascha Höfer, der sich um die Programmierung der Beats, die Technik und den Bass kümmerte, Zeit für die Aufnahmen. "Wir trafen uns morgens hier bei mir, frühstückten gemeinsam und bastelten dann etwa zehn Stunden jeden Tag an den Songs und Arrangements", erzählt Patrick, der sich die Arbeit in einem Studio unter Zeitdruck nicht vorstellen kann. Ja, eine ästhetische Nähe zur Direktheit von LoFi-Bands wie Pavement oder Sebadoh wolle er nicht leugnen. Das Ergebnis der Heimarbeit sind ein Intro und neun sehr persönliche Songs, deren Sound sich zu einem entrückten Schweben verdichtet, in dem sich die ätherische Romantik Sigur Ros‘‚ mit der Experimentierfreude von Radiohead verbindet.
Der Einfluss letzterer kommt nicht von ungefähr. "Radioheads "OK Computer"-Album war quasi meine Initialzündung", erzählt Patrick, der mit Grunge groß geworden ist und auch ein Jahr als "HipHop-Skater" hinter sich hat. Zwei Jahre lang habe er diese Platte jeden Tag gehört. "Bis ich sie in- und auswendig kannte." Auch heute noch sei er eher ein Intensiv-, als ein Vielhörer. Überquellende Plattenregale sucht man in seiner Wohnung hoch über der Bernstorffstraße dann auch vergeblich. "Dazu habe ich auch gar nicht das Geld." Und überhaupt ist ihm Musik zu produzieren viel wichtiger als sie zu konsumieren.
Das war nicht immer so. Zwölf Jahre lang spielte Patrick Saxophon, "weil die Eltern das so wollten." Spaß machte das wenig. Auch an der Funk-Band, in der er als Jugendlicher spielte, hing sein Herz nicht. Erst als Patrick mit 17 für ein Jahr in die französische Schweiz ging, entdeckte er den Spaß in der Musik. "Ich geriet in diesen Kreis aus Leuten, die alle entweder schrieben oder zeichneten oder Musik machten, und ich fing mit der Gitarre an." Vier Wochen später wusste er: "Das ist es, 100 Prozent, das will ich machen."
Auf der Bühne sieht man ihm das nicht unbedingt an. Da ist Patrick Zimmer eher der Schüchterne, der sich mit einem "Hallo!" begnügt und ansonsten versucht, möglichst keine Pausen entstehen zu lassen, in denen irgendwer Ansagen erwarten könnte. "Ein finn-Auftritt soll wie aus einem Guss sein, wie ein Film, der abläuft", sagt er. |oben|


Jan Niklas Jansen, :Spex, August 2003

Oh. Schwelgerische Zerbrechlichkeit, da habe ich ja fast Angst vor. Weit ausgebreitete Melodien, die sich, als Klänge von Instrumenten und Instrumenten-die-Instrumente-nachmachen-und-dann-doch-was-anderes-sind und einer Stimme verzahnen, um sich als dicht geschlossenes Gewebe um dich zu legen, dich zu wärmen oder dich mit verdrängten Gefühlen zu konfrontieren ... solche Melodien eben können leicht und schwebend sein. Oder das rauschige Unterbewusstsein der gegebenen Geräuschkulisse. Oder eine schwere Last auf dem Kopf. Man kann Angst vor der Platte von finn. haben, weil sie, als aus der Abwesenheit sprechende Stimme, eine Intimität herstellt, mit der man als Hörer dann alleine darsteht. Man kann sie lieben, die Platte von finn., weil sie in jeder Sekunde tief in Schönheit getränkt ist, wie einer dieser Café-Kekse in Kaffee, wenn man ihn, für einen Moment abgelenkt, zu lange in die Tasse gehalten hat. Man muss sich wohl jetzt schon vornehmen, dieses Jahr auf jede Herbstcompliation ein Stück von finn. zu machen. Man darf sich fragen, was einen jungen Mann dazu veranlasst, so (rauschige wie) rauschhafte Hymnen an die Langsamkeit des Verlorenseins zu schreiben, mit dieser so zeit- wie raumlosen Kopfstimme zu singen, als habe er Angst, dass sie ihm gleich wegfliegt. Man sollte sich aber vielleicht ermahnen, nicht gleich so esoterisch daherzuschwärmen, nur weil man gerade das seit langem Zarteste und Schönste hört – bevor man sich dabei erwischt, doch wieder zu denken, dass die Musik klingt, als wolle sie wachgeküsst werden. Also doch Angst haben. Davor, etwas zu sagen, was irgendwie peinlich klingen könnte, wenn man nicht mehr sicher festgehalten (oder doch umnebelt?) ist. Von dieser wunderschönen Platte. |oben|


Christian Wessels, :Intro.de, August 2003

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals eine Comic-Figur in den Arm nehmen zu wollen. Jedoch: Wenn finn. (vom Künstler selbst entworfen) mit traurigen Riesenaugen von seinem Cover herab blickt, dann gibt's nur eins."Das wird schon werden mit dem Leben und so", möchte ich ihn trösten. "Man muss nur sehen, erkennen und buchstabieren. Weitermachen, immer weitermachen..." finn. wohnt mitten in Hamburg, ist Mitte zwanzig und hat vor dem Abi kapituliert, um Musik zu machen. Zehn Stücke hat er in seinem Wohnzimmer aufgenommen. Achtspur-Tracks, die eigentlich nur zur Ideenentwicklung dienen sollten. Das Resultat jedoch ist irgendwie... endgültig. Deshalb wird's gepresst, vom Sunday Service, dem Label zur Radioshow. Man hört finn. atmen, wenn er kubikzentimeterweise Luft in seine Kopfstimme saugt, um kleine Elegien zu singen. Überhaupt, alles atmet in wunderbarer Aufgeräumtheit: Smarte Gitarren-Pickings, dezente Dosen-Beats, die sich nie in den Vordergrund spielen wollen, Streicher aus dem Schuhkarton. Samtig-weiche Momente sind entstanden. Momente, die um jede Niedlichkeitsfalle einen großen Bogen schlagen. Manchmal flüchtig, trotzdem Songs. Radiohead meets Komeit, irgendwie. "Everyone looks so tired again",singt finn. in "Radio Antenna". Es scheint, als sänge er durch's Telefon, von ganz weit. Dabei ist er ganz nah. |oben|