Live Rezensionen:
:Kieler Nachrichten
:Frankfurter Rundschau
:Intro.de
Jensor, :Persona Non Grata, Februar 2003
Von Andi Künnecke wussten wir schon immer, dass er ein Guter ist - dies hat er mit uNHOLD mehr als einmal trefflich bewiesen. Trotzdem hat mich diese Platte - eingespielt gemeinsam mit Christian Smukal - schon verdammt überrascht: Diesen recht radikalen Wechsel hin zum akustischenSinger/Songwriter-Tum hätte ich dann doch nicht erwartet. Aber das Risiko hat sich gelohnt - für mich, weil ich im Kopfe einfach mal die Vorgeschichte ausgeblendet und mich relativ blind auf diese Musik eingelassen habe. Für Künnecke & Smukal, weil sie es geschafft haben, mit dieser Platte einen ziemlich ungewöhnlichen Standard in diesem Land zu etablieren. Einen Standard, der sich sehr deutlich und eindeutig von den gewohnten Singer/Songwriter-Entwürfen abhebt. Weder die leicht klebrige Betroffenheitsschiene wird bedient noch die wesentlich angenehmere, aber trotzdem bereits mit sanften Abnutzungserscheinungen gezeichnete Liwa-Rossmy-Schule. Wenn ich denn wirklich mal eine Referenz aufmachen darf für diese Platte, muss sie unbedingt etwas zu tun haben mit Namen wie Jim O'Rourke oder David Grubbs. Mit deren Verständnis von der Tiefe eines «einfachen» Songs. Ein Verständnis, das ich bei jeder einzelnen Note dieser insgesamt 13 Songs wieder finden kann. Ein Verständnis, das es den beiden ermöglicht, nicht einfach nur einen Akkord stur durch einen Song hindurch zu ziehen, und es bei der einfachsten aller Möglichkeiten zu belassen. Sondern lieber einmal die scheinbare Ruhe des akustischen Materials mit einer atemberaubenden Rasanz aufzuladen - einfach mit ein paar schnellen Melodiewechseln, ein paar kaum spürbaren Breaks (so unwahrscheinlich dies in diesem Zusammenhang auch klingen mag). Heraus kommt eine Musik, die es so tief und ehrlich mit dir meint, wie es Musik an sich nur möglich ist. «For Those Who Ever Felt Forgotten» - diese Widmung haben Andi Künnecke und Christian Smukal hinten auf dem Cover platziert. Ein schönes Bild. Auch diese Musik ist nur auf den ersten Blick schüchtern und zurückhaltend - steigt einfach tiefer hinein und ihr werdet die Welt mit anderen Augen sehen.
|oben|
Jochen Brandt, :Intro, April 2003
An manchen Tagen ist St. Pauli Hundekacke. Dann nieselt es fies, und in den Ecken stinkt es nach Typen, die wieder mal zu besoffen waren, um mit dem Kotzen bis zum nächsten Klo zu warten. Aufgeplusterte Bubis machen einen auf Halbstarke und geben den Gehweg, wenn überhaupt, nur unter Androhung von Kloppe frei. Auf dem Weg vom Supermarkt reißt die Tüte. Die Milch fällt, wohin soll sie schon fallen, in einen Haufen Hundedreck. An solchen Tagen sollte man besser zu Hause bleiben, schön mit ‘ner Tasse Tee und Künnecke & Smukal. Denn Andi Künnecke, früher bei unHold, und Christian Smukal, heute noch bei Sport, haben (endlich!) eine Platte gemacht, die zuhören kann, die Mut macht, die einen die Hundescheiße da draußen für dreizehn, tja, rührende Lieder vergessen lässt. Stahlsaiten einer Akustik-Gitarre schwingen und knarzen und können sich nicht entscheiden, ob sie nun melodisch oder rhythmisch sein wollen. Smukal drückt dazu zurückhaltend die Tasten einer Orgel, deren Name mir nicht einfallen will, der ja auch egal ist, solange sie so schön Reibeisen-mäßig klingt – analog und wehmütig. Außerdem muss man sich nicht dauernd auf die Texte konzentrieren, denn Künnecke singt Englisch. Seele baumeln lassen, Phrasen aufschnappen. „We smile for a reason“, heißt es etwa. Wie tröstlich an einem beschissenen Tag. |oben|
Henning Kasbohm, :Hamburg-rockt.de, Januar 2003
„So we are the weaker-thans, no problems but in the end not happy” Neulich besuchte ich ein Chokebore-Konzert. Ich war nicht begeistert. Ich war enttäuscht: es war in Ordnung. In Sachen Gefühlsvermittlung eher etwas für die große Bühne; aber nicht für die ganz große. Eher Große Freiheit 36. Rockmühle. Chokebores Bestimmung, so es mir denn zusteht, diese festzulegen, ist eher der Sountrack aus der heimischen Anlage zu spontanen, unvergeßlichen Jungsabenden, welche durch den Anruf eines
verzweifelten Freundes, welcher sich einlädt, mit einem seinen gerade akut gesteigerten Weltschmerz zu ertränken, eingeleitet werden.
Diese Freunde sind, wie Künnecke & Smukal klingen. Sie wehklagen, von Bier und gutem Whisky wieder bis zur Sarkasmusfähigkeit gefestigt, über die Sinnlosigkeit des Liebens, des Lebens und des Selbstmords. Irgendwann legt man die "Unten" von der Regierung ein, liegt sich in den Armen und weint fast vor Glück. Und alles ist gut. Bis zum nächsten Morgen. Dann gibt es nämlich wieder andere Dinge zum Beweinen. Und einen Tröster mehr zu trösten.
Alle, denen ich Künnecke & Smukal vorgespielt habe, konstatierten ungefähr zeitgleich mit dem Bedienen der Starttaste ('schuldigung, mein Plattenspieler is in Mors, aber ein neuer ist finanziell nicht drin - für Sachspenden bitte meinen Namen anklicken & schreiben...) : "Klingt ja wie Notwist heute...nur ohne Elektronik". Diese Feststellung entbehrt nicht jeglicher Grundlage (wenngleich diese Platte allerdings auch nicht jeglicher Elektronik entbehrt), jedoch ist Andi Künneckes Englisch besser als jenes M. Achers (das ja bekanntlich auch nur durch jenes der zu Unrecht verheldlichten Velvet-Underground-Heroin-Heroine unterschritten wird). Gut, der Text wird ähnlich intoniert und durch Gitarre und Harmonium begleitet, aber damit wäre die Grundlage auch an ihre Grenzen gestoßen. Tief verwurzelt ist man im Folk, und zwar solchem, wie er von heute verschollenen Gruppen mit Namen wie "Der Beat [From
Bagdad]"aufgenommen wurde, als The Notwist noch dreadbelockt an dem Versuch scheiterten, Hardcore einen neuen Namen zu geben. Aber vermutlich ist das gar nicht wahr. Vermutlich sind sie einfach verwurzelt im Folk. Punkt. War nur eine Assoziation. Aber es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Musik eine Früneunziger-Norddeutscher-Underground-Melancholie innewohnt, welche weniger hoffnungsvoll scheint als sie klingt:
"Some say death is the easy way - and I know they´re right" (Track 2, "Death Is The Easy Way".)
Und genaugenommen klingen Künnecke & Smukal eben nicht wie eine andere Band, sondern wie die depressiven Freunde / man selbst, wenn man einen Freund zwecks Tröstung (passiv) anruft.Vielleicht macht der vorliegende Tonträger den Zufluchtbietenden sogar obsolet, wenn es nicht ganz hart kommt; am besten nimmt man ihn mit, leidet zu viert, und läßt Chokebore eine mediokre Band sein.
Sunday Sevice ist eine Sendung auf FSK 93,0 mit jüngst angeschlossenem Plattenlabel.|oben|
Jan Niklas Jansen, :Spex, Herbst 2002
Manchmal, vor allem wenn es Herbst ist, gibt es so viel Herbstmusik, dass man gar nicht weiß, wem man seine Melancholie am liebsten anvertrauen möchte. Da fängt man mit den Delgados an und landet bei Kristofer Aström, sich immer schön an Künstler haltend, die aus so gotterbärmlich dunklen und verregneten Gegenden kommen, dass sie die Sache mit der Herbststimmung mit der Muttermilch aufgesogen haben müssen.
Nun, auch in Hamburg scheint nicht immer die Sonne und Andi Künnecke und Christian Smukal wissen das. Und sie brauchen nicht viel mehr als eine Akustikgitarre, einen Bass, ein Harmonium und dann und wann ein Schlagzeug, um aus dieser jetzt nicht sonderlich überraschenden Erkenntnis Musik zu entwerfen, die dieser Jahreszeit mehr als gerecht wird. Neben den üblichen Zutaten, die solche Musik auszeichnen (klasse Songs, eine Stimme, die jeden Raum erwärmt und sowas) fällt vor allem das Gitarrenspiel von Andi Künnecke auf, das die Grundnervosität von Künneckes Frickelcore-Band Unhold auch in diesem Umfeld nicht aufgibt - abgedroschene Schrammeligkeit und schläfrige Lagerfeurigkeit wohnen woanders. Vielleicht ist das die Sorte Herbstmusik, die sich die Meat Puppets mit den Minutemen in den frühen Jahren von SST ausgedacht hätten.Jedenfalls ist dies die Platte, mit der Hamburgs tollste Radiosendung »Sunday Service« ihr eigenes Label eröffnet. Natürlich ein Akt von Wahnsinn, das (man lese dazu den Artikel über das Label Grand Hotel van Cleef im letzten Heft). Aber eben genau die Sorte Wahnsinn, die eine Platte wie diese ermöglicht und so eine Jahreszeit wie den Herbst, nein, nicht erträglich, sondern fast zu einem Vergnügen macht. |oben|
Carsten Schrader, :Kulturnews, November 2002
Formatradio und Konsensmusik - seit vielen Jahren hält das Hamburger Geschwisterpaar Sandra und Patrick Ziegelmüller mit der Radioshow "Sunday Service" im Freien Sender Kombinat (FSK) dagegen. Nach erfolgreichem Web-Auftritt machen die Unabhängigkeitskämpfer mit eigenem Label nun endgültig landesweit mobil. Und eine bessere Waffe als das Hanseatenduo Künnecke & Smukal hätten sie kaum wählen können. Solo mischen beide schon lange in unterschiedlichen Projekten mit, zusammen machen sie mit Gitarre, Harmonium und Gesang in verschrobener Melancholie. Sie widmen ihre unaufdringlich nervösen Songwriterperlen "those who ever felt forgotten". Das dürften bei der gegenwärtigen Radio-Landschaft einige sein. (5 von 6 Punkten)|oben|
Barbara Schulz, :1/4 nach 5, November 2002
Der Sunday-Service, die beliebte fsk-Radiosendung des Geschwisterpaares Sandra und Patrick Ziegelmüller, fungiert nun auch als Plattenlabel. Erste Veröffentlichung ist das Debut von Künnecke & Smukal, deren Konzerte die Ziegelmüllers derart begeisterten, dass sie die Labelidee Wirklichkeit werden ließen. Kein Wunder, denn die Kombi dieser zwei sonst eher dem lauten Rock zugetanen Herren ist ein gelungenes Kunststück. Andi Künnecke, der Gitarrist und Sänger, der früher bei UnHold sein Unwesen trieb, spielt hier nervös-verschwurbelt Gitarre und singt seine Lieder "for those who ever felt forgotten" ruhig und lässig, stimmlich zwischen Mark Kozelek von den Red House Painters und Nick Drake. Durch das Zusammenspiel mit Christian Smukal, Gitarrenhändler, Bassist bei Sport und in anderen Gruppen, der hier am Harmonium, Bass und Background-Gesang wirkt, bekommen Künneckes Lieder die Wärme und Erdennähe, die sie brauchen, um ihre ZuhörerInnen in eine Decke aus Wohlklang und Anrührung zu hüllen. Vor einer zu großen Portion eben dieser schützen die Rockstücke, für die sich Blumfeld-Trommler Andre Rattay hinters Schlagzeug setzt. Künnecke & Smukal: definitiv eine der Lieblingsplatten, die immer schön zu hören sind, egal ob morgens, mittags, abends oder nachts.|oben|
Sven Nichziol, :Hamburger Morgenpost, 19.10.02
Radio hören in Deutschland verursacht mitunter Übellaunigkeit. Doch es gibt einige wenige Farbtupfer auf dem Einheitsbrei. In Hamburg ist das trotz einiger typisch linker Kleinkariertheiten das "Freie Sender Kombinat". Eine der schönsten Sendungen des "FSK" ist der "SundayService".Ein musikalischer Wegweiser durch Hamburgs Nachtleben. Nun gibt es auch ein
gleichnamiges Label - und zum Start ein sehr schönes Album von Künnecke & Smukal. Das Duo spielt emotionale melancholische Gitarren-Songs, die etwas scheu und behutsam um die Ecke kom- men. Es wird wohl keine laute Platten-Release-Party werden.
Heute, 22 Uhr, Astra-Stube |oben|
Thaddeus Herrmann, :de:bug, Oktober 2002
Debüt-Release auf Sunday Service, dem Label zur tollen Hamburger Radiosendung. Künnecke & Smukal bauen kleine, feine Songs rund um Gesang, Schlagzeug, Gitarre und Harmonium/Klavier. Ganz klassisch also, und das ist selten verkehrt. Aber das ist nicht alles. Die Tracks, die zwischen (eigentlich) fröhlich und eher melancholisch pendeln, nehmen alle mindestens einmal einen komischen Twist, machen klar, dass da mehr dahinter steckt. Durchaus verstörend. Und tief. Menschen mit Gitarren könnten bestimmt besser beschreiben wie das hier klingt, aber vielleicht reicht euch ja mein "Das ist gut". Gut für die Zeit nach dem elektronischen Tag.|oben|
Julian Weber, :Szene Hamburg, Oktober 2002
Andi Künnecke (ehemals Gitarrist bei der Fidel-Bastro-Gruppe Unhold) und "Gitarren"-Christian Smukal (of many different Hochzeiten) geben ihren Einstand als Duo. Ihr Debütalbum ist gleichzeitig Startschuss für ein neues Hamburger Label: Sunday Service. Was sich bisher beim Freien-Sender-Kombinat anhaltender Beliebtheit erfreute – die Radiosendung unter der Leitung des nicht-harmoniesüchtigen Geschwisterpaares Sandra und Patrick Ziegelmüller -, erweitert sein Format nun auf CD und Vinyl. Mehrwertiger könnte der Einstand nicht ausfallen, denn Künnecke & Smukal zelebrieren die hohe Schule des zerfaserten Kunst-Songwriting. Zwischen meditativen Manövern am Griffbrett, stimmungsvollen Harmonium-Exkursionen und gelassenen Gesangsmelodien greift da eine neue Artschool-Generation nach den Sternen. Die Songs vereinigt allesamt gefühlvolle Melancholie, aber auch ihre nüchterne Analyse. In den Geräuschteppichen steckt mühevolle Kleinarbeit. Details, die man kaum bemerkt, aber doch gerne gut findet. Auch textlich wird sanft um die Ecke gesungen, so dass selbst Worte wie "death" unpathetisch klingen. Das Verlangen nach dem delikaten impressionistischen Klang stets im Blick – und doch, Künnecke & Smukal machen daraus keinen stereophilen Fetisch. Auch am Ende des Tages einigt man sich dann entnervt und zufrieden zugleich auf den guten alten strangen Song.|oben|
|